Projektionslinsen an der Fujifilm GFX
Sogenanntes Altglas ist auch in der digitalen Fotografie wieder sehr beliebt (siehe Blogbeitrag zu Kleinbildlinsen an der GFX100). Die Linsen aus alter analoger Zeit sind meist noch nicht übermäßig tot korrigiert, so dass sie nicht klinisch rein sondern mit verschiedenen Fehlern behaftet abbilden, was für viele – mich eingeschlossen – den Bildern einen besonderen Schmelz / Charakter verleihen.
Eine Schippe drauf legen die Projektionsobjektive – also die Linsen, die ursprünglich vorne im Dia- oder Filmprojektor saßen. Auch mit ihnen lässt sich fotografieren und sie sind im Look meist noch extremer, gerade was das (oft swirly) Bokeh angeht. Zudem sind sie oft billig, haben dafür aber auch zwei entscheidende Nachteile: a) haben sie keine Blende und b) muss man sie überhaupt erstmal an die eigene Kamera bekommen.
Denjenigen, den es um den Look solcher Objektive geht, wollen eh das Bokeh haben und fotografieren offenblendig. Da ist das Fehlen einer Blende also weniger gravierend. Der zweite Teil ist das größere Problem, weswegen sich auf Facebook und eBay auch die einen oder anderen Spezis rumtreiben und alte Linsen fertig adaptiert auf Mount XY anbieten – mit einem unverschämt satten Zuschlag, der die Linsen durchaus auch mal 10fach so teuer werden lässt. Davon sollte man also eher Abstand nehmen, zumal es auch günstiger geht.
Das Zauberwort sind die Helicoid-Adapter. Mit denen kann man solche Objektive aufnehmen und auch mit ihnen dann fokussieren. Die gibt es mit verschiedenen Durchmessern, Festmachoptionen und Mounts, so dass man sich da seine eigene Kombination zusammensuchen kann.
Der Königsweg sind Samt-Fokussier-Tuben, die man manchmal noch gebraucht im Digicam-Forum bekommen kann. Dort hatte ein Mitglied mal 3 verschiedene Dicken für die verschiedenen Objektivdurchmesser für eine Reihe von Interessierten hochwertig fräsen lassen, die sich spielend leicht an alle Kameramounts adaptieren lassen. Um das Projektionsobjektiv wird dann nur ein d-c-fix Velours Samtband geklebt und man kann perfekt auf den Punkt genau mit den Tuben fokussieren. Die Velours-Folie gibt es von der Rolle in nahezu jedem Baumarkt oder hier bei Amazon.
Der Markt an Projektionsobjektiven scheint nahezu unüberschaubar groß. Zwar stößt man immer wieder auf die üblich verdächtigen Namen (insb. Agfa, Enna, ISCO, Leitz, Liesegang, Meyer, Rodenstock, Steinhell), aber es gibt so viele Varianten und Klone im Ausland, zu denen man noch nichtmals irgendwelche Beispielbilder im Netz findet.
Am Ende sehen die meisten Bilder all dieser Linsen aber doch recht ähnlich aus, da es sich zumeist um eine von drei Bauarten handelt: einem Petzval-Typ, einem Triplet-Typ oder einem Gauß-Typ. Hier wird man das gleich gerade bei den 85mm Linsen sehen.
Da es aber im Netz so wenig Bildmaterial vom Look dieser Linsen gibt, wollte ich hier mal eine Übersicht schon mal der Linsen geben, die ich selbst habe und die mir freundlicherweise von einem Mitglied des schon genannten Digicam-Forums ausgeliehen worden sind.
Das ist kein Test mit wissenschaftlichem Anspruch, es geht allein darum, eine Einschätzung zum Look der Linsen im Portrait-Einsatz zu bekommen – einem Genre, in dem diese Linsen klassischerweise eingesetzt werden. Alle Linsen, die hier gezeigt werden, wurden an einer Fujifilm GFX50 getestet. Ich habe mir nicht die Mühe gemacht, diese Linsen auch an eine X-T Kamera zu schrauben, da gerade der Charakter solcher Linsen besonders in den Randbereichen zu Tage tritt. Etwas, was man kaum an einem APS-C Sensor erkennen wird. Wenn man Projektionslinsen wegen des Looks nutzen möchte, sollte man meines Erachtens mindestens zum Vollformat greifen.
Mir persönlich fehlt das konkrete Wissen über die Geschichte der jeweiligen Linse und Firma. Wenn jemand das hier als Co-Autor beisteuern mag, würde ich mich sehr darüber freuen. Einfach mit mir in Kontakt treten und dann kann dieser Beitrag entsprechend ergänzt werden. Allgemein ist diese Seite ein work in progress, wo ich auch nach und nach tatsächliche Portraits nachreichen werde, die ich mit bestimmten Linsen fotografiert habe.
Am Ende der Liste findet sich auch eine Übersicht von Projektionslinsen, die bei mir an der GFX nicht funktioniert haben.
Unter 85mm
Leitz Elmaron 50/2.8
Durchmesser: 42,5mm
Auch dieses Objektiv deckt nicht den ganzen Sensor der Fujifilm GFX ab, jedoch ist die Vignette deutlich kleiner als beim darauffolgenden Cinestar. Wenn man an der Kamera den 35mm-Crop-Modus aktivieren würde, wäre die Vignette sogar verschwunden. Oder man nutzt sie als Gestaltungselement.
Benoist Berthiot Cinestar N1 55/1.5
Durchmesser: 42,5mm
Ein Objektiv, das überhaupt nicht den GFX-Sensor abdeckt, aber durch die Vignette und den Swirl einen ganz wunderbaren Retro-Look erzeugt. Das etwas mit Sepia und schon hat man die Anmutung des 19. Jahrhunderts. Man braucht einen Adapter, der das Objektiv möglichst nah an den Sensor bekommt!
Meopta Meostigmat 70/1.4
Durchmesser: 52,5mm
Leider nur sehr eingeschränkt an der GFX brauchbar. Auch mit einem Adapter, wo die Rückseite der Linse fast direkt auf der Höhe des Bajonetts liegt, kann man sich nicht weiter als ca. 1,5 m vom Objekt / Subjekt entfernen, sonst ist die Linse nicht mehr scharf zu bekommen.
Meyer Diaplan 80/2.8
Durchmesser: 42,5mm
Auch diese Linse braucht einen Adapter, bei der das Objektiv möglichst nah an den Sensor bekommt.
ISCO Super Kiptar 80/2
Durchmesser: 62,5mm
Rathenower Cinerectim 80
Durchmesser: 62,5mm
85mm
Color Paxon MC 85/2.8
Durchmesser: 42,5mm
Isco Projar 85/2.8
Durchmesser: 42,5mm
Will Maginon 85/2.8
Durchmesser: 42,5mm
Will Maginon mit Silberring 85/2.8
Durchmesser: 42,5mm
Staeble Stellar 85/2.8
Durchmesser: 42,5mm
Will Liesegang-Patrinast 85/2.8
Durchmesser: 42,5mm
Heidosmat 85/2.8
Durchmesser: 42,5mm
Enna Ennagon 85/2.8
Durchmesser: 42,5mm
Schneider Proclar 85/2.8
Durchmesser: 42,5mm
90-110mm
Reflecta Agomar MC 90/2.4
Durchmesser: 42,5mm
OKP 1-100-1 100/1.8
Durchmesser: 62,5mm
Emil Busch Neokino 100
Durchmesser: 62,5mm
Rathenower Cinerectim 100
Durchmesser: 62,5mm
Leitz Hektor 100/2,5
Durchmesser: 42,5mm
Carl Zeiss Jena Triplet 100/3.5
Durchmesser: 42,5mm
Carl Zeiss Kipronar 105/1.9
Durchmesser: 62,5mm
Zeiss Ikon Kinostar IV 110
Durchmesser: 62,5mm
Ab 120mm
35KP 120/2.8
Durchmesser: 62,5mm
Wahrscheinlich ein Carl Zeiss Kipronar Klon. Der Look ist im Prinzip identisch, meine Version des 35KP wirkte einen Tick schärfer.
Leica Elmaron-P 120/2.8
Durchmesser: 42,5mm
Carl Zeiss Kipronar 140/1.9
Durchmesser: 62,5mm
Leica Elmarit-P 150/2.8
Durchmesser: 42,5mm
Pentacon AV 150/2.8
Durchmesser: 62,5mm
Ungeeignet
ISCO-Göttingen Kiptaron P6 50/1.3
Durchmesser: 42,5mm
Mit keinem meiner Adapter war die Linse nah genug an den Sensor zu bekommen, als dass man sich vom Motiv hätte weiter als 10-15 cm entfernen können. Vielleicht hätte man bei anderen Haltern mehr Chance, die das Objektiv noch näher an den Sensor lassen, aber der Frontring verhinderte bei meinem einen tieferen Sitz. Und man müsste bei dem Objektiv auch schon gefühlt gefährlich nah an den Sensor zu kommen.
Rathenower Diarectim 250
Durchmesser: 62,5mm
Eine sehr kompakte 250er Linse. So kompakt, dass all meine Adapter nicht lang genug sind, um die Linse so weit von der Kamera zu bekommen, wie es notwendig wäre, um überhaupt ein Bild erkennen zu können.
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Da hast Du einige schöne Linsen von Dieter dabei. Bin der GoldMark vom DCC
LG Bernhard
Hi Erik,
sehr schöner Vergleich vieler Projektionsobjektive! Das Setup finde ich auch gelungen. Mich interessiert der Helicoid mir den drei großen Schrauben. Was ist das? Henris SMT habe ich mir quasi selber bauen lassen. 🙂 Ach und ich fotografiere alles auf DSLR, DSLM kann jeder!
VG Sven
Leider steht auf dem Helicoid kein Name drauf. Der war Beifang zum Benoist Berthiot Cinestar N1 55/1.5, das mit dem Adapter gar nicht an der GFX funktionierte, da die Linse damit nicht nah genug an den Sensor kam. Ich finde die Konstruktion auch nicht endlos gelungen, da es schon immer ein ziemliches Gefrickel ist, damit das Objektiv mit den drei Schrauben auch wirklich gerade im Helicoid sitzt …